Eine Geschichte der Anfänge der Informatik könnte den Zweiten Weltkrieg zu den »Hauptursachen« der Erfindung des Computers rechnen. Hätte man damit nicht eine Bedingung, eine gewichtige Determinante, deren Ausmaß den ökonomischen und kulturellen Veränderungen entspräche, die von der Informatik angeregt wurden? Mußten nicht, um ein Werkzeug von solcher Potenz zu schaffen, sämtliche geistigen und finanziellen Ressourcen der kriegführenden Nationen in Bewegung gesetzt werden, um des bloßen Überlebens willen? Das wäre die These eines grundlegenden Ereignisses. Doch diese Annahme leidet unter zwei Schwächen. Auf der Ebene der Motive hinter einem Ereignis ist es nicht immer wahr, daß Ursachen und Wirkungen einander proportional wären. Auch kleine Ereignisse können bedeutsame Konsequenzen haben. Doch vor allem hält die These vom Krieg als grundlegendem Ereignis einer genaueren Analyse der Schicksale des automatischen Rechnens in den dreißiger und vierziger Jahren kaum stand. Der Krieg hat die Erfindung des Computers nicht schlicht und eindeutig begünstigt. Sie hat nicht in Japan stattgefunden. In Deutschland hätte die Einberufung Konrad Zuses , des Erfinders der ersten binären elektromechanischen Maschinen mit Programmspeicherung, fast seine Laufbahn unterbrochen. Dank der Unterstützung Helmut Schreyers, eines befreundeten Ingenieurs, kehrte er von der Front zurück, und es gelang ihm, das Blatt zu wenden und zur Verfolgung seiner Ziele an Gelder aus militärischen Quellen heranzukommen. Nicht ohne einige Enttäuschungen: Weder Zuse noch Schreyer konnten die Behörden von der Notwendigkeit überzeugen, den Bau eines elektronischen Hochgeschwindigkeitsrechners in Angriff zu nehmen. Das Heereswaffenamt weigerte sich, ein Vorhaben zu finanzieren, das für die Kriegsanstrengungen nicht unmittelbar von Nutzen schien. Gleichwohl gelang es ihnen, dem Krieg günstige Arbeitsbedingungen abzuringen... bis zu dem Augenblick, in dem die alliierten Bombardements die Maschinen zerstörten und dem Weltkonflikt plötzlich einen anderen Sinn gaben als den einer günstigen Finanzierungsgelegenheit. |
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