Es ist wirklich möglich daß, wenn Teile im Gehirn, die symmetrisch sein sollen, es nicht sind, dieses zum Vorteil des Verstandes dienen könne. Wir können mit einem Auge genug haben, so auch mit einer Seite des Gehirns, die andere kann durch zufällige Umstände eher verhärten oder sonst Veränderungen leiden, die denn das Resultat der ganzen Stellung des Gehirns bei einer Idee verändern. Ausgewachsene Personen sollen öfters sehr scharfsinnig sein, die verwachsene Seite verhärtet mehr und vielleicht folgt eine ähnliche einseitige Veränderung im Gehirne, die dem Genie, das ohnehin schon jemand für einen kränklichen Zustand erklärt hat, eher vorteilhaft als schädlich ist. Ich habe bemerkt, daß Personen, in deren Gesichtern ein gewisser Mangel von Symmetrie war, oft die feinsten Köpfe waren. Wenn einem gewissen Bildnis zu trauen war, das ich von Herrn von Voltaire gesehen habe, und von dem man mir versicherte, daß es ein Abguß wäre von einer Form die man in Mannheim über sein Gesicht gegossen habe, so ist die eine Seite des Gesichts viel kürzer als die andere, auch die Nase, wiewohl kaum merklich, schief. K.....r von der einen Seite betrachtet sieht viel jünger aus, als von der andern. Diesen beiden merkwürdigen Gesichtern gibt eben dieses wiewohl nicht anstößige Irreguläre einen gewissen Schwung, aus welchem alles das Salz und die Bitterkeit hervorblickt, die ihre Schriften so charakteristisch gemacht haben. Ein Mensch dessen eines Auge ein Perspektiv das andere ein Mikroskop wäre, wird unter gewöhnlichen Menschen eine sonderbare Figur spielen.
Lichtenberg: Sudelbücher - Heft B-54