Stutzer. Ein Wort von sehr schwimmender Bedeutung. fr. petitmaître,
engl. fop, coxomb, buck, sagt zuweilen auch so viel als Cicisbeo.
Zuweilen sitzt das Übel bloß im Körper, zeigt sich durch eine allzu
sorgfältige Frisur, Gang und in aller Anordnung der äußeren Teile,
mit einer kostbaren ne' gligence der geistigen. Andere sind es bloß in
der Seele, denn auch die Seele verträgt kleinmeisterische Verzierungen, hat ihre parfums, ihre Kostbarlichkeiten. Also der Stutzer zerfällt von selbst in den gemeinen und körperlichen, und den
ebenso possierlichen geistlichen. Den einen nach dem Leibe heiße
ich Stutzer
, den andern nach dem Geist den Gecken der
Stutzer. Ihr Ursprung in der menschlichen Natur ist sehr früh und
hat wie viele Torheiten den Grund in der Liebe und hauptsächlich in
dem Verlangen allen Mädchen zu gefallen, welches durch eine
Annäherung der männlichen Natur zu der weiblichen, und also in
einer gewissen Hermaphroditerei in der Seele seine Befriedigung
sucht. Wenn diese Annäherung so sehr als möglich sinnlich gemacht
wird, so entsteht der Stutzer, es mag nun dieses in einem zu
sorgfältigen Beschmieren mit Kuhmist oder mit Schminke, in einer
allzu geflissentlichen Anordnung in der Weste von Seehundsfellen
oder von Brokat, in der Uniform oder dem Chorrock bestehen. Die
Seele, die allzeit ein unglaubliches Vergnügen in der Betrachtung
ihrer selbst findet, genießt hier weil sie ganz auf der Oberfläche
verwachsen ist, in der Anschauung ihrer selbst vor einem Spiegel,
diejenige glückliche Stellung, die oft ein verfeinerter Schwärmer, bei
einer glücklichen Liebe und der Gegenwart des sanften Bacchus, in
einer Sommernacht mitten unter den Zaubereien der wollüstigen
Musik nicht erreichen kann.
Lichtenberg: Sudelbücher - Heft B-175