Dem Weisen ist nichts groß und nichts klein, zumal zu der Zeit wenn er philosophiert, wo ich allemal voraussetze, daß es ihn weder hungert noch durstet, noch daß er seine Dose vergessen hat, wenn er schnupft. Alsdann könnte er glaube ich Abhandlungen über Schlüs- sellöcher schreiben, die so wichtig klängen, als ein Jus naturae und eben so lehrreich wären. In den kleinen alltäglichen Pfennigs- Begebenheiten steckt das moralische Universale ebensogut als in den großen wie die wenigen Adepten wohl wissen. In einem Regentrop- fen steckt so viel Gutes und Künstliches, daß man ihn auf einer Apotheke unter einem halben Gulden nicht lassen könnte. Wer Kunkeln gesehen hat mußte allemal glauben daß es ihrer eine unendliche Menge gäbe, er war ein solcher Regentropfen, aber das vehiculum von einem ganzen andern Stoff zu Betrachtungen, als gewöhnlich bei Leuten von seinem Stande können angebracht werden.
Weil weder ich noch der Verleger uns so viel herauszubringen getrauten, als die Kosten für ein Porträt würden betragen haben, so habe in allen meinen Büchern, worinnen gezeichnete Gesichter sind, nachgeblättert, und endlich gefunden, daß in den Doppelmayri- schen Himmels-Karten diejenige Kassiopeia, die auf der 27. Karte steht und aus Versehen des Künstlers ein männliches Profil erhalten hat, die meiste Ähnlichkeit mit dem verstorbenen Kunkel hat. Ich zeige dieses auch vornehmlich deswegen an, damit wenn ein anderer Verleger etwa dem meinigen einen Streich spielen wollte, er durch einen mit dieser Kassiopeia gezierten Nachdruck am leichtesten seine Absicht erreichen könnte.
Lichtenberg: Sudelbücher - Heft B-190