Dem Weisen ist nichts groß und nichts klein, zumal zu der Zeit wenn er philosophiert, wo ich allemal voraussetze, daß es ihn weder hungert noch durstet, noch daß er seine Dose vergessen hat, wenn er schnupft. Alsdann könnte er glaube ich Abhandlungen über Schlüs- sellöcher schreiben, die so wichtig klängen, als ein Jus naturae und eben so lehrreich wären. In den kleinen alltäglichen Pfennigs- Der Fehler der neueren Schriftsteller sowohl als Künstler besteht im Übertreiben, ein gut eingerichtetes Gefühl findet in einer Mäßigkeit die nicht nach Geiz schmeckt nur wahres Vergnügen, sobald man es aus diesen Grenzen führt, so läßt sich immer fragen, warum gehen wir nicht weiter heraus. Es gibt eine Art des Übertnebenen in welcher alles recht ist, und deswegen ist es für alle seichte Köpfe so gemächlich. Unter allen Kupferstichen, die uns die tirolischen Bettel-Leute aus Augsburg zutragen, sind die Zwerg-Figuren die wohifeilsten, und das, wie mich dünkt, von Rechts wegen. Eine Art des Übertriebenen, wo eine geheime Absicht sich immer gleich bleibt, ist ebensoschwer zu erreichen, als die edle Einfalt, und gefällt auch ebensosehr, so ist Hudibras geschrieben, in seinen Versen herrscht ein Übertriebenes, das sich eben gleich bleibt und erhält. Es gibt Leute, die glauben ein feiner Geschmack dürfe kein Vergnügen an dergleichen Versen finden, und haben daher vielleicht oft nicht gesagt, daß sie ihnen gefallen haben. Allein hier widerspricht die Erfahrung, Leute von wahrem großen Geschmack und die sich nicht bloß nach holden Liedchen gebildet haben (denn solche Seelen sind für alles dasjenige Schöne, das sich nicht mehr durch holde Diminutivchen ausdrucken läßt, verloren und kommen überhaupt nicht in Betrachtung) haben allzeit den Hudibras mit Vergnügen gelesen und in einer prosaischen Erklärung den Butler nicht mehr sehen können.
Lichtenberg: Sudelbücher - Heft B-192