Ich wünschte die Geschichte von mir so zu sehen, wie sie in verschiedenen Köpfen existiert, meine Brüder wissen die meisten Kleinigkeiten von mir, Herr Ljungberg weiß vieles von meiner besten Seite, Eßwein kennt meinen Charakter von der guten und der schlimmen Seite unter allen Menschen am besten. Eymeß weiß die meisten Torheiten von mir und die meisten Heimlichkeiten, weil ich immer aus meinen Torheiten Heimlichkeiten gemacht habe. Am einfältigsten würde meine Geschichte aussehen wenn sie Wachter beschreiben sollte. Herr Ljungberg würde mich so schildern: Er hat kein böses Herz, er ist im äußersten Grad flüchtig und seine Maximen, die er zuweilen äußert, sind nur für eine Stunde gemünzt, in der nächsten verschlägt er sie wieder. Er hat zuweilen gute Gedanken, und er kann so ziemlich vergnügt sein, und hat es in seiner Gewalt es zu sein. Ob er wohl wirklich seine Freunde liebte? Quaeritur. Eymes würde sich gewiß so von mir ausdrücken: Sein Herz ist gut, aber wer hätte die Streiche hinter ihm suchen sollen, wenn er zu Darmstadt mit seinen Büchern am Adler vorbei ging; doch an den Augen kann man ihm etwas ansehen. Gottlob ich kenne ihn nun, und er gefällt mir desto besser. Ein paar dumme Streiche im August 1765 hätte er weniger machen sollen. Ich weiß, Eßwein, dessen vortreffliches Herz immer für die menschliche Natur einen gehörigen Rabatt rechnet, würde vorteilhaft von mir urteilen, und ich wollte jedermann dächte von mir, so wie er, so würde ich ohne bewundert zu sein von jedermann hochgeschätzt werden.
Lichtenberg: Sudelbücher - Heft B-253