Die Theologische Fakultät ist ein Wesen, das unstreitig so gut seine Meinung sagen darf, als eine Deutsche Gesellschaft oder eine Gilde oder eine Sekte. Es ist meine Meinung so: entschuldigt immer seinen Mann in einer Republik wie die gelehrte, denn was kann einem Philosophen ärgerlich bei der Sache sein, die Meinung eines Dinges zu lesen, das Meinungen haben darf und kann? Es muß ihm sogar angenehm sein solang er noch einige Funken von Neugierde hat, die von Rechts wegen ein Philosoph wie vestalisches Feuer hüten soll, daß sie nicht ausgehen. Ob es bei mir philosophische Neugierde oder kleinstädtisches Ich-weiß-nicht-was ist, allein ich möchte wohl ein Bedenken der Schneider-Gilde über den letzten Kometen, oder über Newtons allgemeine Schwere, oder auch über Lessings Sarah lesen, und ich verspreche hiermit öffentlich derjenigen Gilde die mir hierin dienen will einen Louisd'or in allem Ernst. Die Abhandlung darf nur leserlich geschrieben an meinen Verleger postfrei eingeschickt werden. Also ist es gewiß höchst unbillig einer Theologischen Fakultät die doch gewiß mehr ist als eine Schneider-Gilde wehren zu wollen sich über etwas zu erklären. Dieses wäre lächerlicher Despotismus. Sie wollen damit gar nicht sagen, daß dieses ein vernünftiges Bedenken wäre, sie sagen dieses auf dem Titel mit keinem Wort, und in der Schrift selbst wird man nicht das mindeste finden können woraus sich dieses nur einigermaßen schließen ließe. Sondern sie sagen nur ganz grade einer Hochwürdigen Fakultät Beurteilung pp. Nein ich muß dieses öffentlich sagen, weil sie es gewiß nie selbst von sich sagen würden, daß die Theologische Fakultät zu Göttingen so viel Einfalt des Herzens, so wenig Verfolgungsgeist besitze, daß sich ein solches Aufdringen ihrer Meinungen oder ein Behaupten, als sollten ihre Meinungen die Meinungen der Christenheit sein, gar nicht von ihnen gedenken läßt, und sollte ja hier und da es manchem so scheinen, so glaube er auf mein Wort, daß es nicht so gemeint ist. Wenn man mit so ehrlichen Leuten zu tun hat, so muß man den Mantel der Liebe, solange noch ein Zipfel ungebraucht liegt, immer über die Blößen ziehen die hier und da durchschimmern sollten, und sollten sie ihn selbst wieder verschieben, lieber gar nicht hinsehen. Wer nicht in Göttingen studiert hat muß freilich hier und da bei Durchlesung dieser Schrift auf sonderbare Gedanken kommen, weil man glauben könnte, die theologische Fakultät wäre dazu ermannt worden die Stimme der ganzen Universität in dieser Materie über sich zu nehmen, aber dieses war gar die Meinung nicht, sondern es ist wirklich was sie auf dem Titel sagen, es ist bloß die Beurteilung der Theologischen Fakultät, und die Leute die das Gegenteil behaupten, und sagen es stecken mehrere dahinter sind entweder falsch berichtet oder Betrüger. Denn ich habe es aus sicherer Hand, daß die Philosophische Fakultät nicht den geringsten Anteil daran habe, und daß Leute, die als die vernünftigsten und christlichsten auf der dasigen Universität bekannt sind, und die man keiner Unwahrheit beschuldigen kann, öffentlich gesagt haben, daß die Theologische Fakultät ganz allein, und sonst kein vernünftiger Mann in der ganzen Stadt Anteil daran hätte. Von den andern Fakultäten ist es ja ohnehin jedermänniglich bekannt, daß sie sich um Komödien wenig bekümmern, und auf beiles lettres gar nicht legen, auch niemals Zeit dazu gehabt haben oder noch haben. Und außerdem geben sie selbst zu überlegen wie es möglich sein konnte bei Lesung der Akten oder Besuchung der Kranken sich so weit in Sachen des Geschmacks einzulassen, da hauptsächlich Akten, wie man wohl wisse, den schönen Wissenschaften so entgegenstehen als wie Werke der Finsternis und des Lichts. Es ist also, wo nicht ehrenrührig, doch gewiß äußerst unchristlich, zu sagen die Theologische Fakultät habe diese Beurteilung nicht allein geschrieben, solche gottlose Verleumder müssen wissen, daß, wenn die Theologische Fakultät wollte, sie mit einem Federstrich eine Sünde wider den heiligen Geist aus einem solchen Verfahren machen könnte. Sie will es aber vorjetzo nicht tun, weil die sogenannten Vernünftier denken mögten ihre Sache sei ungerecht, wenn sie allzu strenge zufahren und (sich) ihrer Gewalt zu früh ohne Not bedienen möchte.
Lichtenberg: Sudelbücher - Heft B-292