Rede eines Menschen der sich aus Verzweiflung, weil ihn ein Mädchen nicht erhört, kastrieren will.

Noch bin ich diesseits, wo die Natur die Hoffnungen die sie mir seit meinem 14ten Jahre machte erfüllen kann. Kann? Aber sie will nicht. Sprich! (aber ich zweifle fast, daß menschliche Nerven tüchtig sind eine gültige Entschuldigung für ein solches Vergehen einer Seele verständlich zu machen) sprich wenn du kannst, warum locktest du mich durch frohe Ahndungen eines bevorstehenden Glücks, mir selbst unbewußt, zu Betrachtungen die mir endlich in der Ferne den Gegenstand zeigten der den Durst löschen könnte der mich verzehrte, wenn du ihn mir auf ewig entziehst? Wenn du betrügst, unser aller Mutter, kannst du Tugend von deinen Kindern verlangen? Wessen Stimme war es die mir zurufte, dieses Mädchen wird (dein) zeitliches Glück ausmachen, eine Stimme die noch immer tief in mein ganzes Wesen hineinhallt. Ich glaubte es wäre die deinige, Natur, und es ist sie nicht? Mir graut in mir selbst, wie in einer von Geistern bewohnten Halle, wem soll ich denn folgen wenn mich mein eigner Trieb schändlich belügt? (Er zieht das Messer) Hier schmeichelhafter Lügne~, zittere! Ein einziger Schnitt könnte dich ewig verstummen und deine tückische Zunge so stille machen wie eine Nacht auf einem Kirchhof.

Lichtenberg: Sudelbücher - Heft B-344