Daß zuweilen Kutsch und Pferde und was dazu gehört einem Manne
zufällt, der nicht einmal mit 2 Ziffern dividieren kann, hat mich
niemals befremdet und noch weniger gekränkt, so wenig es mich
befremdet, daß man mit zwei Würfeln 6 und 1 zu gleicher Zeit
werfen kann, aber hätte ein Mann, der die Welt von der elendesten
Seite beständig, ich meine von der Seite der Amoretten und
Zephyretten, angesehen hat, der da glaubt, die Freuden dieser Welt
bestehen in einer verzärtelten Empfindung und kränklicher Vernunft,
hätte der wie Yorick schreiben können, das würde mich
befremdet und gekränkt haben. Ich machte die Winterreise in der
Tat mit einer Empfindung auf, die sich so würde in Worte
ausgelassen haben, wenn ihr jemand durch eine Frage oder sonst
einen Anlaß Luft gemacht hätte: Also sind doch diese Liedchen und
Diminutivchen Kinder der Menschenkenntnis der Weisheit und der
populären Philosophie, und du hast dich geirrt, oder wenn sie es
nicht sind, was hilft dir dann Menschenkenntnis und Weisheit, wenn
sie dich so bald wieder verläßt, daß du eine Sprache führst, die nichts
als ein kindisches Lallen ist; nun ist meine ganze Hoffnung dahin,
der ich weder reich noch schön bin, ich dachte noch am Ende durch
Erfahrung und Weisheit ein Glück in mir zu finden, das ich außer
mir nicht finden kann, aber so ist auch dieses eitel, und hängt von
dem Eigensinn einer mir unbekannten Kraft ab. So fing ich an zu
lesen, las das Buch, und nie erinnere ich mich ein Buch mit so viel
Beruhigung zugemacht zu haben. Nicht etwa als wenn ich dieses
Buch gerne zugemacht hätte, sondern es war mir als wenn ich der
Wahrheit wiedergegeben würde, ich fand die Weisheit in diesem
Buch eben so ausgedruckt, wie die Liebe in den kleineren Werken
dieses Schriftstellers. Meine Freude hatte nichts Schadenfrohes in
sich, sondern es war mehr die Beruhigung, die derjenige fühlt, der
nach vielen mühsamen Versuchen auf einmal an der Auflösung
seines Problems ist. Herr Jacobi hätte der sogenannte Dichter der
Grazien bleiben mögen, ich hätte ihn nicht beneidet, er könnte
Yorick sein, und ich hätte meinem Vaterland Glück gewünscht, aber
Philosoph und Tändler muß er mir nicht zugleich sein können, oder
ich beklage mich über die Natur, denn nichts verzeih ich ihr weniger,
als die Hermaphroditen. Ich hielte es für unmöglich, und fand mein
Urteil durch ein so großes Exempel bestätigt, deswegen machte ich
die Winterreise mit einem Vergnügen zu, mit welchem ich noch kein
Buch zugemacht habe.
Was hilft das Lesen der Alten, sobald ein Mensch den Stand der
Unschuld einmal verloren hat, und wo er hinsieht überall sein
System wieder erblickt, daher urteilt der mittelmäßige Kopf es sei
leicht wie Horaz zu schreiben, weil er es für leicht hält besser zu
schreiben, und weil dieses besser zum Unglück schlechter ist. Je älter
man wird (vorausgesetzt, daß man mit dem Alter weiser werde),
desto mehr verliert man die Hoffnung besser zu schreiben als die
Alten, am Ende sieht man, daß das Eichmaß alles Schönen und
über das Gleichgewicht der Wissenschaften in Deutschland. Anrede
eines Deutschen an seine Landes-Leute.
Ich trete unter euch auf, meine teuersten Landesleute, mit einem
Eifer für die Ehre unseres Vaterlandes, dem ich unmöglich länger
widerstehen kann. Ich weiß, unsere Republik ist eine freie Republik,
und wir gehorchen den Ratschlüssen von Berlin, Halle und
Göttingen nur alsdann wenn sie dem natürlichen Maß des Schönen
und Richtigen das der beste Teil von uns in sich trägt gemäß
ausgefertigt sind, und verehren sie nur insoferne als sie Auslegungen
der Vorschriften der Natur sind, die wir allein für unsere Führerin
erkennen. So wenig ich also von meiner Seite bei einer solchen
Überzeugung die Absicht haben kann euch zu lehren oder Gesetze
vorzuschreiben, so gewiß bin ich auch überzeugt, daß ihr von der
eurigen verzeihen werdet, daß ich euch meine Gedanken über den
jetzigen Zustand unserer Literatur mit einiger Freiheit vortrage.
Ohnerachtet ich überzeugt bin, daß jeder Mensch mit seinem
Eintritt auf diese Welt zugleich das Recht bekommt, zu sagen wie sie
ihm aussieht, ich meine frei Sitz und Stimme in dem Rat über Irrtum
und Wahrheit, ja ohneracht dieses gleichsam seine Schuldigkeit ist,
solange er sich nicht selbst belügt, oder der Sklave der Gesinnungen
eines andern ist, ohneracht, sage ich, es mit unter eure Pflichten
gehört diejenigen zu hören, die Vorschläge zum Besten der Republik
tun; so will ich auch doch zuvor sagen, wer ich bin, wie meine
Hauptgesinnungen beschaffen sind, um diejenigen, die wichtigere
Dinge zu tun haben, als die Klagen eines Mitbürgers anzuhören,
sobald als möglich aus der Unentschlossenheit zu ziehen, in welcher
sie sich vielleicht befinden werden, ob sie diese Rede anhören sollen
oder nicht.