Georg Christoph Lichtenberg sudelte:
Beim Anfang von Lavaters Antwort auf Herrn Mendelssohns Brief
habe ich einen unbeschreiblichen Unwillen gespürt, es ist nichts
Widerlicheres als einen Unvorsichtigen einen Fehler, der für
ehrliche Leute höchst unangenehme Folgen hätte haben können, aus
einem gewissen Kitzel, und so zu reden aus einer Art von
schriftstellerischem Mutwillen erst begehen und dann wieder gern
bereuen zu sehen in Ausdrücken in denen er sich selbst zu gefallen
scheint. Geh' heilloser Schwätzer, hätte ich sagen mögen, und tändle
mit deiner eignen Ruhe, aber laß andere Leute ungestört, die besser
sind als du. Was muß Johann Caspar Lavater für ein Mann sein, dem
bei Lesung einer schönen Gesinnung Mendelssohns der Wunsch
aufstoßen kann: wär er doch ein Christ. Warum wünscht er ihm
nicht bei der Gelegenheit auch das volle preußische Maß? Einem Süß
hätte ich gewünscht, daß er ein Christ oder ein Jude wie Mendelsohn
hätte sein mögen. Aber Mendelssohnen eben so wenig als ich
ihm wünsche daß er doch ein Zürcher sein möchte.
Lichtenberg: Sudelbücher - Heft C-37